Hinter verschlossenen Türen verhandelt der rot-rot-grüne Senat mit dem umstrittenen Konzern Signa über den Erhalt von Karstadt- und Kaufhof-Filialen in Berlin. Entstanden ist eine Absichtserklärung, die die Betriebsdauer für drei Filialen lediglich um ein paar Jahre verlängert. Im Gegenzug sichert der Senat die Realisierung für Signas Bauprojekte am Hermannplatz sowie am Alexanderplatz und Kurfürstendamm. Damit ermöglicht er freie Fahrt für das Abriss-Projekt am Hermannplatz, dem Friedrichshain-Kreuzberg eine Absage erteilt hat und beweist kurzfristige Symbolpolitik statt nachhaltigen Lösungen für Stadt und Arbeitsmarkt.
Die Filiale am Tempelhofer Damm wird für fünf und die Filialen in der Müllerstraße und Wilmersdorfer Straße werden für drei Jahre weiterbetrieben. Die Karstadt-Filiale in der Gropius-Passage wird zwei Jahre nach ihrer umfangreichen Sanierung geschlossen, ebenso wie die Filiale im Linden-Center. Der Standort in Tegel wird nicht eröffnen. Für Signa bedeutet das: Die drei Filialen in den Randgebieten werden abgeschrieben und die drei zentralen Standorte auf wenige Jahre befristet weitergeführt. Der Preis: Bauprojekte mit gravierenden Konsequenzen für die Bezirke, die nun wesentlich einfacher über die Bühne gehen können.
Es handelt sich bei diesem Deal nur um einen Aufschub der Schließungen, denn an der Strategie Signas wird sich nichts ändern. Signa ist ein Immobilienkonzern und weiterhin nicht an den Warenhäusern interessiert. Die Warenhaus-Standorte, an denen Signa nicht die Immobilie besitzt, werden früher oder später geschlossen. Dennoch erpresst der Konzern den Senat mit der Drohung, Filialen und somit Arbeitsplätze zu streichen. Und die drei Politiker*innen Ramona Pop, Klaus Lederer und Michael Müller springen bereitwillig über jedes Stöckchen, das Signa ihnen hinhält.
Arbeitsplätze sind hier nur Druckmittel für die Umsetzung von Immobiliengeschäften. Die Politiker*innen nutzen den Deal als kurzlebigen PR-Erfolg und ermöglichen Signa damit langfristige Immobilien-Profite. Die Karstadt-Angestellten sind nicht dauerhaft abgesichert – sie müssen in drei bis fünf Jahren wieder um ihre Jobs zittern. Verlierer*innen sind vor allem auch die Anwohner*innen und Ladeninhaber*innen in Neukölln und Kreuzberg, deren Existenz ohnehin schon seit Jahren von steigenden Mieten und Verdrängung bedroht ist.
Nicht nur die Zivilgesellschaft, auch das Stadtentwicklungsamt von Friedrichshain-Kreuzberg sowie die Fraktionen der Grünen und Linken, auch in Neukölln, haben sich gegen das Projekt von Signa am Hermannplatz positioniert, weil es die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen in den migrantisch geprägten Kiezen Neukölln und Kreuzberg zerstören würde. Darüber setzen sich die drei unterzeichnenden Politiker*innen – teilweise ohne Partei-Mandat (Ramona Pop) und gar gegen landesparteiliche Beschlüsse (Klaus Lederer) – hinweg. Das ist undemokratisch, autoritär und verantwortungslos. Ein Armutszeugnis für den rot-rot-grünen Senat, der sich zu den Leitlinien für Beteiligung der Bürger*innen an der Stadtentwicklung bekannt hat.
Es gibt keinen Sachzusammenhang zwischen einem temporären Standort-Erhalt der Warenhäuser und neuen Bauprojekten an anderer Stelle. Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Kopplung städtebaulicher Fragen mit Betriebslaufzeiten von Warenhäusern. Und ohne eine rechtlich gesicherte Verbindung der beiden Sachlagen gibt es keinerlei Verbindlichkeit für diese Absichtserklärung.
Wir fordern die Auflösung der Vereinbarung und stattdessen eine verbindliche Zusage von Signa für den Erhalt aller Filialen in Berlin und ganz Deutschland! Wir fordern, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg weiterhin planungsbefugte Instanz für das Vorhaben am Hermannplatz bleibt! Wir fordern die Einhaltung des Denkmalschutzes des Ensembles samt Nachkriegsbau!