Mit ihrer neuen Kampagne „Dialog Hermannplatz“ suggeriert Signa Holding, dass ihr geplantes Großprojekt am Hermannplatz mit Sicherheit umgesetzt werden wird und es nur noch um eine Diskussion über das „wie“ geht. Sie stiftet damit vorsätzlich Verwirrung über die Faktenlage mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Die Signa-eigene Plattform „Dialog Hermannplatz“ macht mit gesponserten Posts auf Facebook Werbung für die Pläne des Konzerns. Aktuell ist ein „Hoffest“ geplant, an dem eine eigens für die Kampagne errichtete Café-Box eröffnet und eine Podiumsdiskussion zur „Zukunft des Hermannplatzes“ aufgeführt werden soll. Signa geriert sich in ihrer neuen Kampagne als moderierende Instanz für die Zukunft des öffentlichen Platzes und setzt sich auch hier für einen Schein-Dialog ein. Ihre Kampagne heißt schließlich „Dialog Hermannplatz“ und der Konzern möchte den Hermannplatz als „Integrationspunkt für den gesamten Kiez entwickeln“ und über eine „Verkehrswende“ sprechen. Warum fühlt sich der Konzern dazu berufen, dies zu tun? Niemand im Kiez möchte, dass ein öffentlicher Platz und seine Verkehrsplanung von einem privaten Immobilienkonzern entwickelt wird! Die Veränderung von Plätzen mit und durch private Konzerne ist so ziemlich der Alptraum jeder offenen,
progressiven Gesellschaft. Aber in einer Stadt, in der die Enteignung großer Konzerne großen Zuspruch und mehr als 70.000 Unterschriften erhält, ist dieser Vorstoß vor allem eins: lachhaft.
Signas Kampagne „Dialog Hermannplatz“ ist ein trojanisches Pferd vor dem Stadttor. Wir lassen es nicht hinein.
Das Stadtentwicklungsamt Friedrichshain-Kreuzberg hat Ende August in Absprache mit seinen
Neuköllner Kolleg*innen die Planungen der Signa Holding am Hermannplatz deutlich abgelehnt. Faktisch ist der Plan somit vom Tisch und Signa wurde angehalten, über einen angemessenen Umbau des bestehenden Karstadt-Gebäudes nachzudenken. Kurz nach der Ablehnung hat Signa eine groß angelegte Kampagne unter dem Namen „Dialog Hermannplatz“ gestartet, die Werbung für das geplante Großprojekt macht und sich dabei vor allem das Thema der Umgestaltung des
Hermannplatzes auf die Fahnen schreibt. Signas Ziel, das bestehende Gebäude am Hermannplatz abzureißen und an gleicher Stelle einen wesentlich größeren Neubau mit historisierender Betonfassade zu errichten, besteht für den Konzern aber weiterhin unverändert. Signa tut mit dieser Kampagne so, als hätte es keine Ablehnung der planungsbefugten Behörde gegeben. Sie umgeht damit einen Beschluss, der von den meisten Anwohner*innen und Initiativen in beiden Kiezen
unterstützt wird, der viele Mitarbeiter*innen im Gebäude und umliegende Gewerbetreibende wieder aufatmen ließ. Der Immobilienkonzern engagiert Künstler*innengruppen für Workshops, Musiker*innen für die Unterhaltung und sogar soziale Genossenschaften wie Karuna, die mit
Wohnungslosen und Jugendlichen in Not arbeiten, um das Vorhaben als „sozial“ zu verkaufen. Das ist zynisch, sind es doch gerade diese Gruppen, die von den negativen Auswirkungen der Pläne Signas am meisten betroffen wären und für die am Ende auf dem Hermannplatz und in den Kiezen keinen Raum mehr gäbe.
Die Strategie dahinter ist klar: Es handelt sich um einen Schein-Dialog und um eine Kampagne für die eigene Sache. Denn die Ziele und Absichten des Konzerns, ihre Vision vom neuen Gebäude, stehen
fest. Sie wollen den Diskussions- und Handlungsrahmen bestimmen und die Anwohner*innen dürfen in diesem Prozess ihre „Bedarfe und Interessen“ einbringen, die der Konzern dann zu berücksichtigen
vorgibt. Wir als Betroffene dürften also lediglich einbringen, dass wir Kräutergärten und Skateparks und bemalte Wände schön fänden – und dann schaut Signa, ob das irgendwo in ihrem gigantischenBetonneubau untergebracht werden kann. Sie kann von den 100.000 m 2 kommerzieller Fläche sicherlich 1.000 m 2 abzwacken. Wahrscheinlich würde das sogar passieren. Aber am Abriss-Vorhaben wird dabei nicht gerüttelt, das steht nämlich nicht zur Debatte.
„Die neu gestartete Kampagne ist ein Ablenkungsmanöver, kein Dialogangebot. Signa möchte von den politischen Beschlüssen und Tatsachen ablenken und ihre eigentlichen Ziele und Absichten
verbergen“, so Klara Schmidtke von der Initiative Hermannplatz.
Den Einmischungen des Immobilienkonzerns Signa in die Diskussion um die Gestaltung des Hermannplatzes und seiner Verkehrssituation tritt die Initiative Hermannplatz entschieden entgegen. Ein Konzern wie Signa vertritt die Perspektive einer privilegierten, wohlhabenden Mittel- und
Oberschicht, da kann ihre PR-Agentur noch so oft „für alle“ in die Texte einfügen. Jeder Konzern wünscht sich schönere Kulissen für seine Projekte sowie weniger Sichtbarkeit von gesellschaftlichen Konflikten und derjenigen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt und diskriminiert werden. Der Diskurs über einen öffentlichen Platz hat ganz anders stattzufinden, v.a. ohne dass der Rahmen von Anfang an im Sinne mächtiger, wohlhabender Gruppen und Konzerne gesteckt wird. Und die
Verkehrsplanung ist Expert*innen, Anwohner*innen und Initiativen zu überlassen, die vor Ort leben und die Konsequenzen zu tragen haben.
Signa möchte nun nicht mehr nur mitreden, sondern die Debatte anführen. Von einer gerechten, öffentlichen Auseinandersetzung ist ein solcher Gesprächsrahmen weit entfernt.